Bericht über die Sitzung des Vorstandes der WPK am 30. November 2023

WPK, Mitteilung vom 05.12.2023

Der Vorstand der WPK informiert regelmäßig über seine Tätigkeit. Nachfolgend sind Informationen zu den wichtigsten Beratungsergebnissen aus der Sitzung am 30. November 2023 zusammengefasst.

Umsetzung von ISQM 1, ISQM 2 und ISA 220 rev.

Der Vorstand hat über die Vorschläge zur Änderung der Berufssatzung für WP/vBP zur Umsetzung von ISQM 1, ISQM 2 und ISA 220 rev. beraten. Des Weiteren hat der Vorstand über eine Änderung von § 37 der Berufssatzung für WP/vBP zur kritischen Grundhaltung beraten.

Wirtschaftsprüfungsexamen – E-Klausuren

Der Vorstand hat sich mit der Einführung eines IT-gestützten Wirtschaftsprüfungsexamens befasst. Im Prüfungstermin II/2024 sollen als Pilotprojekt die Klausuren aus den Prüfungsgebieten Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht fakultativ als E-Klausuren angeboten werden.

Kammerversammlung 2024

Der Vorstand hat die Beratungen zur Durchführung der Kammerversammlung fortgesetzt. Die Kammerversammlung soll online am Montag, den 17. Juni 2024 stattfinden.

Quelle: WPK

Elternbeirat bei Sägearbeiten für Weihnachtsbasar unfallversichert

BSG, Pressemitteilung vom 05.12.2023 zum Urteil B 2 U 10/21 R vom 05.12.2023

Ein ehrenamtliches Mitglied des Elternbeirats eines kommunalen Kindergartens ist beim Zuschneiden von Baumscheiben für den Weihnachtsbasar des Kindergartens unfallversichert, auch wenn die Sägearbeiten auf seinem Privatgrundstück stattfinden. Dies hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts heute entschieden (Az. B 2 U 10/21 R).

Der Kläger war Mitglied des Elternbeirates eines kommunalen Kindergartens. Im Jahr 2017 sollte der Kläger für den jährlichen Weihnachtsmarkt des Kindergartens Baumscheiben zurechtschneiden, um diese auf dem Basar des Weihnachtsmarktes zu verkaufen. Am 18. November 2017 schnitt der Kläger auf seinem Privatgrundstück die Baumscheiben zu. Dabei geriet seine linke Hand in die Kreissäge, woraufhin er Mittel- und Ringfinger verlor.

Anders als die beklagte Unfallkasse und die Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht das Ereignis als Arbeitsunfall anerkannt. Der Kläger war im Unfallzeitpunkt als Mitglied des Elternbeirats innerhalb der gesetzlichen Aufgabenkreise der Gemeinde als Trägerin des Kindergartens und des Elternbeirats ehrenamtlich tätig. Kindergarten und Elternbeirat hatten ihm zudem die unfallbringenden Sägearbeiten konkret übertragen. Fehlende Einwirkungsmöglichkeiten auf dem Privatgrundstück des Klägers sind insoweit ohne Belang. Der Versicherungsschutz erstreckt sich ohne zeitliche oder räumliche Begrenzung auf ehrenamtliche Tätigkeiten „für“ die Einrichtung.

Hinweise zur Rechtslage

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung

§ 2 Versicherung kraft Gesetzes (i. d. F. des Gesetzes vom 09.12.2004, BGBl. I S. 3299 m. W. v. 01.01.2005)
(1) Kraft Gesetzes sind versichert

  1. a) Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, …
  2. Personen, die
    a) für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
    b) …

§ 8 Arbeitsunfall (i. d. F. des Gesetzes vom 07.08.1996, BGBl. I S. 1254 m. W. v. 01.01.2007)
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) …

Quelle: Bundessozialgericht

Nachhaltige Produkte sollen zur neuen Norm in der EU werden

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 05.12.2023

Mit der neuen Ökodesign-Verordnung sollen nachhaltige Produkte zur neuen Norm in der EU werden: Die beiden Gesetzgeber, das Europäische Parlament und der Rat der EU, haben sich auf die neuen Regeln vorläufig geeinigt. „Mit der Verordnung wird sichergestellt, dass Produkte auf dem EU-Markt energieeffizienter, langlebiger, wiederverwendbar, reparierbar, recyclingfähiger und zunehmend aus recycelten Materialien hergestellt werden“, sagte Maroš Šefčovič, Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal, interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau.

„Dies ist eine enorme Chance für Unternehmen und Verbraucher, und es ist auch von entscheidender Bedeutung, Klimaneutralität zu erreichen, den Verlust an biologischer Vielfalt umzukehren, Europas Abhängigkeiten zu verringern und unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.“ Die Verordnung verbietet außerdem die Vernichtung unverkaufter Textilien und Schuherzeugnisse, mit Ausnahmeregelungen für kleine Unternehmen und einer Übergangsfrist für mittlere Unternehmen.

Nachhaltige Produkte zur Norm machen

Das neue Gesetz wird auf der bestehenden Ökodesign-Richtlinie aufbauen, die seit fast 20 Jahren erfolgreich zur Verbesserung der Energieeffizienz von Produkten in der EU geführt hat. Sie wird es ermöglichen, Leistungs- und Informationsanforderungen für wichtige Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht werden, schrittweise festzulegen.

Die Kommission wird eine Liste von Produkten annehmen und regelmäßig aktualisieren, die auf der Grundlage einer gründlichen Analyse und von Kriterien, insbesondere im Zusammenhang mit den Klima-, Umwelt- und Energieeffizienzzielen der EU, ermittelt wurden.

Auf diese Weise wird die Kommission für Berechenbarkeit und Transparenz sorgen, welche Produkte dann erfasst werden. Vorrang erhalten hochwirksame Produkte, darunter Textilien (insbesondere Bekleidung und Schuhe), Möbel (einschließlich Matratzen), Eisen und Stahl, Aluminium, Reifen, Farben, Schmierstoffe und Chemikalien sowie energiebezogene Produkte, IKT-Produkte und andere Elektronikprodukte.

Die neuen Ökodesign-Anforderungen werden über die Energieeffizienz hinausgehen und die Kreislaufwirtschaft fördern und unter anderem Folgendes abdecken:

  • Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten
  • Vorhandensein chemischer Stoffe, die die Wiederverwendung und das Recycling von Materialien verhindern
  • Energie und Ressourceneffizienz
  • Rezyklatanteil
  • CO2- und Umweltfußabdruck
  • verfügbare Produktinformationen, insbesondere ein digitaler Produktpass.

Die neue Verordnung enthält auch neue Maßnahmen, um der Vernichtung unverkaufter Verbraucherprodukte ein Ende zu setzen. Die Unternehmen werden Maßnahmen ergreifen müssen, um diese Praxis zu verhindern, und die beiden gesetzgebenden Organe haben ein direktes Verbot der Vernichtung unverkaufter Textilien und Schuherzeugnisse mit Ausnahmeregelungen für kleine Unternehmen und einer Übergangsfrist für mittlere Unternehmen eingeführt. Im Laufe der Zeit könnten bei Bedarf auch andere Sektoren von solchen Verboten erfasst werden.

Darüber hinaus müssen große Unternehmen jedes Jahr offenlegen, wie viele unverkaufte Verbraucherprodukte sie entsorgen und warum. Dies dürfte Unternehmen stark davon abhalten, sich an dieser Praxis zu beteiligen.

Bessere Information der Verbraucher

Weitere Informationen über die Nachhaltigkeitsmerkmale von Produkten werden zur Verfügung gestellt, unter anderem durch einen „digitalen Produktpass“, der Verbrauchern und Unternehmen dabei helfen wird, nachhaltigere Produktentscheidungen zu treffen und die Behörden bei der Durchsetzung der rechtlichen Anforderungen zu unterstützen.

Der „Pass“ wird ein leicht zugängliches Etikett auf Produkten sein, das sofortigen Zugang zu Informationen über die Nachhaltigkeit des Produkts bietet. Sie wird nicht nur für die Verbraucher, sondern auch für die Zoll- und Marktüberwachungsbehörden von Nutzen sein.

Zusätzliche Produktinformationen könnten auch über Etiketten bereitgestellt werden, ähnlich dem weithin anerkannten EU-Energielabel, das derzeit für viele energieverbrauchsrelevante Produkte gilt, und könnten beispielsweise zur Anzeige eines Reparierbarkeitswerts verwendet werden.

Nächste Schritte

Das Europäische Parlament und der Rat müssen die neue Verordnung nun förmlich annehmen. Nach ihrer Annahme tritt die Verordnung am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.

Danach wird der erste Arbeitsplan im Rahmen der neuen Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte angenommen, in dem festgelegt wird, welche Produkte gezielt eingesetzt werden sollen.

Quelle: EU-Kommission

Nur ein schuldhafter Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung kann zur Verhängung einer Geldbuße führen

EuGH, Pressemitteilung vom 05.12.2023 zu den Urteilen C-683/21 und C-807/21 vom 05.12.2023

Gehört der Adressat der Geldbuße zu einem Konzern, bemisst sich die Geldbuße nach dem Jahresumsatz des Konzerns.

Der Gerichtshof präzisiert die Voraussetzungen, unter denen die nationalen Aufsichtsbehörden eine Geldbuße gegen einen oder mehrere für die Datenverarbeitung Verantwortliche wegen Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verhängen können. Insbesondere stellt er fest, dass die Verhängung einer solchen Geldbuße ein schuldhaftes Verhalten voraussetzt, der Verstoß also vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sein muss. Gehört der Adressat der Geldbuße zu einem Konzern, ist bei der Berechnung der Geldbuße auf den Umsatz des Konzerns abzustellen.

Ein litauisches und ein deutsches Gericht haben den Gerichtshof ersucht, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)1 auszulegen, und zwar im Hinblick auf die Möglichkeit nationaler Aufsichtsbehörden, Verstöße gegen diese Verordnung durch Verhängung einer Geldbuße gegen den für die Datenverarbeitung Verantwortlichen zu ahnden.

Im litauischen Fall wendet sich das Nationale Zentrum für öffentliche Gesundheit beim Gesundheitsministerium gegen eine Geldbuße in Höhe von 12.000 Euro, die ihm im Zusammenhang mit der Entwicklung (mit Unterstützung durch ein privates Unternehmen) einer mobilen Anwendung auferlegt wurde, die der Erfassung und Überwachung der Daten der dem COVID-19-Virus ausgesetzten Personen dienen sollte.

Im deutschen Fall wendet sich das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen, das mittelbar rund 163.000 Wohneinheiten und 3.000 Gewerbeeinheiten hält, u. a. gegen eine Geldbuße von über 14 Mio. Euro, die ihm auferlegt wurde, weil es personenbezogene Daten von Mietern länger als erforderlich speicherte.

Der Gerichtshof entscheidet, dass gegen einen für die Datenverarbeitung Verantwortlichen nur dann eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die DSGVO verhängt werden kann, wenn dieser Verstoß schuldhaft – also vorsätzlich oder fahrlässig – begangen wurde. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Verantwortliche über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens nicht im Unklaren sein konnte, gleichviel, ob ihm dabei bewusst war, dass es gegen die Bestimmungen der DSGVO verstößt.

Handelt es sich bei dem Verantwortlichen um eine juristische Person, ist es nicht erforderlich, dass der Verstoß von ihrem Leitungsorgan begangen wurde oder dieses Organ Kenntnis davon hatte. Vielmehr haftet eine juristische Person sowohl für Verstöße, die von ihren Vertretern, Leitungspersonen oder Geschäftsführern begangen werden, als auch für Verstöße, die von jeder sonstigen Person begangen werden, die im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit in ihrem Namen handelt. Die Verhängung einer Geldbuße gegen eine juristische Person als Verantwortliche darf nicht der Voraussetzung unterliegen, dass zuvor festgestellt wurde, dass der Verstoß von einer identifizierten natürlichen Person begangen wurde.

Außerdem kann gegen einen Verantwortlichen eine Geldbuße auch für Verarbeitungsvorgänge verhängt werden, die von einem Auftragsverarbeiter durchgeführt wurden, sofern diese Vorgänge dem Verantwortlichen zugerechnet werden können.

Zur gemeinsamen Verantwortlichkeit von zwei oder mehr Einrichtungen führt der Gerichtshof aus, dass diese sich allein daraus ergibt, dass die Einrichtungen an der Entscheidung über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung mitgewirkt haben. Die Einstufung als „gemeinsam Verantwortliche“ setzt keine förmliche Vereinbarung zwischen den betreffenden Einrichtungen voraus. Eine gemeinsame Entscheidung oder übereinstimmende Entscheidungen reichen aus. Handelt es sich jedoch tatsächlich um gemeinsam Verantwortliche, müssen diese in einer Vereinbarung ihre jeweiligen Pflichten festlegen.

Schließlich muss sich die Aufsichtsbehörde bei der Bemessung der Geldbuße, wenn der Adressat ein Unternehmen ist oder zu einem Unternehmen gehört, auf den wettbewerbsrechtlichen Begriff „Unternehmen“2 stützen. Der Höchstbetrag der Geldbuße ist daher auf der Grundlage eines Prozentsatzes des gesamten Jahresumsatzes zu berechnen, den das betreffende Unternehmen als Ganzes im vorangegangenen Geschäftsjahr weltweit erzielt hat.

Fußnoten

1 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung).
2 Dieser Begriff umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Darunter ist somit eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union

COVID-19: Der Gerichtshof bestätigt bestimmte Reiseverbote sowie Screening- und Quarantäneverpflichtungen während der Gesundheitskrise

EuGH, Pressemitteilung vom 05.12.2023 zum Urteil C-128/22 vom 05.12.2023

In einer Pandemiesituation kann ein Mitgliedstaat ein Verbot für nicht wesentliche Reisen in andere Mitgliedstaaten vorsehen, die aufgrund der dort herrschenden Gesundheitslage als Hochrisikogebiete eingestuft worden sind. Er kann außerdem Personen, die in sein Hoheitsgebiet einreisen, die Verpflichtung auferlegen, Screeningtests durchzuführen und eine Quarantäne einzuhalten. Die entsprechenden Vorschriften müssen jedoch begründet, klar, präzise, diskriminierungsfrei und verhältnismäßig sein. Sie müssen außerdem mit einem Rechtsbehelf angefochten werden können.

Im März 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die COVID-19-Epidemie als Pandemie ein. Belgien verbot daraufhin nicht wesentliche Reisen in oder aus Ländern, die aufgrund der dort herrschenden Gesundheitslage als „rote Zonen“ eingestuft worden waren. Außerdem mussten alle Reisenden, die aus solchen Ländern kamen, einen Screeningtest durchführen und eine Quarantäne einhalten. Im Juli 2020 wurde Schweden von den belgischen Behörden kurzzeitig als „rote Zone“ eingestuft.

Aufgrund dieser Einstufung sagte NORDIC INFO, eine auf Reisen in Skandinavien spezialisierte Agentur, alle zwischen Belgien und Schweden geplanten Reisen ab. Anschließend forderte sie eine Entschädigung für den dadurch entstandenen Schaden. Ein belgisches Gericht hat den Gerichtshof um Beantwortung der Frage ersucht, ob das Unionsrecht der belgischen Regelung entgegensteht.

Der Gerichtshof stellt klar, dass ein Mitgliedstaat zur Bekämpfung einer Pandemie wie der COVID-19-Pandemie ein Verbot nicht wesentlicher Reisen in oder aus anderen Mitgliedstaaten, die als „rote Zonen“ eingestuft worden sind, vorsehen kann. Er kann außerdem Personen, die in sein Hoheitsgebiet einreisen, die Verpflichtung auferlegen, Screeningtests durchzuführen und eine Quarantäne einzuhalten.

Solche, die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union beschränkende Maßnahmen können durch eine Regelung mit allgemeiner Geltung festgelegt werden. Eine solche Regelung muss jedoch begründet sein sowie klare und präzise Vorschriften enthalten, deren Anwendung für die Bürger vorhersehbar sein muss. Sie muss außerdem diskriminierungsfrei sein und im Rahmen eines gerichtlichen oder verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfs angefochten werden können.

Darüber hinaus müssen solche Beschränkungen der Freizügigkeit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.

Sie müssen daher geeignet sein, das verfolgte Ziel der öffentlichen Gesundheit zu erreichen, auf das absolut Erforderliche beschränkt sein und dürfen nicht außer Verhältnis zu diesem Ziel stehen, was insbesondere bedeutet, dass die Bedeutung des Ziels und die Schwere des Eingriffs in die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen gegeneinander abgewogen werden müssen.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union

Kosten für Schadensgutachten nach Verkehrsunfall

LG Hanau, Pressemitteilung vom 04.12.2023 zum Urteil 39 C 30/23 des AG Hanau vom 18.10.2023 (nrkr)

Der Verursacher muss dem Geschädigten die Rechnung für ein Schadensgutachten dann nicht erstatten, wenn der Gutachter wegen Zugehörigkeit zur Reparaturwerkstatt erkennbar nicht neutral ist.

Das Amtsgericht Hanau hat entschieden, dass ein Geschädigter aus einem Verkehrsunfall, der einen Gutachter mit der Schadensfeststellung beauftragt, obwohl dieser erkennbar demselben Unternehmen zugehörig ist wie die Werkstatt, welche die Reparatur durchgeführt hat, die Kosten des Gutachtens selbst tragen muss (Urteil vom 18.10.2023, Az. 39 C 30/23).

Das Fahrzeug des Geschädigten ist durch Verschulden eines anderen Verkehrsteilnehmers beschädigt worden. Er beauftragte sodann ein Sachverständigenbüro mit der Feststellung des Schadens und zugleich deren Reparatur. Der Gutachter war jedoch schon dem Namen nach erkennbar derselben Firma zugehörig, wie die Reparaturwerkstatt. Die Gutachterkosten in Höhe von 665,26 Euro beglich die Versicherung des Unfallverursachers, verlangte diese aber nun von dem Geschädigten zurück, nachdem sie von der Verbindung zwischen Gutachter und Werkstatt Kenntnis erlangt hatte.

Das Amtsgericht hat den Geschädigten zur Rückzahlung verurteilt. Zwar könne dieser aus einem Verkehrsunfall an sich auch die Kosten des Gutachtens zur Feststellung des Schadens ersetzt verlangen, damit er die Höhe der anfallenden Reparaturkosten kontrollieren und deren Berechtigung zugleich nachweisen kann. Das setzt aber voraus, dass der Gutachter im Verhältnis zu der Reparaturwerkstatt neutral ist. Andernfalls ist das Gutachten ungeeignet und der Geschädigte bleibt auf den Kosten jedenfalls dann sitzen, wenn er dies erkennen konnte. Beides war nach der Ansicht des Amtsgerichts hier der Fall, weil das Sachverständigenbüro und die Werkstatt derselben Gesellschaft gehören. Auch habe der Geschädigte das erkennen müssen. Denn die gleichzeitige Beauftragung von Begutachtung und Reparatur auf demselben Formular habe ebenso auf eine Verflechtung hingewiesen, wie die Tatsache, dass beide dieselbe Anschrift haben. Auch sei der Name der zuständigen Person für die Reparatur mit demjenigen des Inhabers des Sachverständigenbüros identisch.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landgericht Hanau

Unzulässige Richtervorlage zur sog. Gutscheinlösung während der Corona-Pandemie

BVerfG, Pressemitteilung vom 05.12.2023 zum Beschluss 2 BvL 12/20 vom 07.11.2023

Mit am 05.12.2023 veröffentlichten Beschluss hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Unzulässigkeit einer Richtervorlage zu Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) festgestellt. Diese Vorschrift erlaubte es Veranstaltern von Freizeitveranstaltungen, anstelle einer Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein auszugeben, wenn Veranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie ausfielen (sog. Gutscheinlösung).

Der Kläger des Ausgangsverfahrens macht gegenüber der beklagten Veranstalterin Rückzahlungsansprüche für zwei von ihm im Januar 2020 zu einem Preis von 510 Euro erworbene Eintrittskarten für ein im Juni 2020 geplantes Konzert geltend, das wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte. Die Veranstalterin hatte dem Kläger vorgerichtlich – während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens, aber vor Inkrafttreten des Art. 240 EGBGB – statt einer Kaufpreisrückerstattung lediglich einen Ersatztermin oder einen Gutschein angeboten. Der Gesetzentwurf zu Art 240 EGBGB datiert vom 21. April 2020 und trat im Wesentlichen unverändert am 20. Mai 2020 in Kraft. Im September 2022 trat die Vorschrift wieder außer Kraft.

Die Richtervorlage ist unzulässig. Das Amtsgericht begründet nicht ausreichend, dass Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unverhältnismäßig in die von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentumsgarantie eingreift. Auch legt es nicht hinreichend dar, dass die Vorschrift gegen den Vertrauensschutzgrundsatz verstößt.

Wesentliche Erwägungen der Kammer

1. Es fehlt an einer hinreichenden Darlegung, dass der mit der Gutscheinlösung verbundene Eingriff in das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unverhältnismäßig ist.

a) Das vorlegende Gericht hat nicht genügend begründet, warum die Regelung des Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nicht erforderlich sein soll.

aa) Zum einen setzt es sich nicht mit dem dem parlamentarischen Gesetzgeber insoweit zukommenden Einschätzungsspielraum und dessen Grenzen auseinander. Dementsprechend geht es auch nicht darauf ein, wo die Grenze dieses Spielraums bei der vorliegend einschlägigen Regelungsmaterie verläuft und ob und gegebenenfalls warum die Einschätzung des Gesetzgebers, die Gutscheinlösung sei zur Vermeidung von Insolvenzen der Veranstalter und zur Verhinderung der nachteiligen Folgen für die Gesamtwirtschaft, das kulturelle Angebot sowie die Ticketinhaber erforderlich, den dem Gesetzgeber zustehenden Spielraum überschreitet.

bb) Auch die Ausführungen des Vorlagebeschlusses zu den angeblich milderen, gleich wirksamen Mitteln, nämlich einer finanziellen Absicherung durch den Staat, sind unzureichend. Insbesondere setzt sich der Vorlagebeschluss insoweit nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander, wonach die Erforderlichkeit einer Regelung nicht schon deshalb entfällt, weil eine Finanzierung der Aufgabe aus Steuermitteln für den Betroffenen ein milderes Mittel wäre. Mildere Mittel sind nicht solche, die eine Kostenlast lediglich verschieben.

b) Der Vorlagebeschluss genügt auch insoweit nicht den Begründungserfordernissen, als er die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verneint.

aa) Er identifiziert die einander gegenüberstehenden, miteinander abzuwägenden Interessen nicht vollständig. Insbesondere nimmt der Vorlagebeschluss nicht hinreichend in den Blick, dass die Gutscheinlösung nach dem Willen des Gesetzgebers gerade auch den Interessen der Ticketinhaber selbst dienen soll. Ein Rückerstattungsanspruch wäre ohne die Gutscheinlösung im Falle finanzieller Probleme der Veranstalter häufig nur schwer oder infolge einer Insolvenz des Veranstalters gar nicht durchsetzbar.

bb) Auch die Ausführungen zu Intensität, Schwere und Tragweite der Beeinträchtigungen der betroffenen Interessen sind unzureichend.

Hinsichtlich der mit der Regelung für Ticketinhaber einhergehenden Belastungen wird im Vorlagebeschluss nicht in den Blick genommen, dass der vom betroffenen Ticketinhaber im Einzelfall vorausgezahlte und von Art. 240 § 5 EGBGB erfasste Betrag der Höhe nach typischerweise überschaubar ist.

Im Vorlagebeschluss bleibt die gesetzgeberische Prognose unberücksichtigt, ohne die vom Vorlagegericht für verfassungswidrig erachtete Regelung würde eine Vielzahl von Ticketinhabern eine (sofortige) Rückerstattung verlangen. Gerade die Stundung vieler kleinerer Forderungen zum Zwecke der Verhinderung von auf der Seite der Veranstalter durch die Kumulation einer Vielzahl solcher Forderungen drohenden schwerwiegenden, potentiell existenzgefährdenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen macht aber den Kern der vom Gesetzgeber vorgenommenen Abwägung aus.

cc) Weiter setzt sich das vorlegende Gericht nicht hinreichend mit dem Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber auch bei der Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und der Belange des Gemeinwohls zukommt, und dessen Weite beziehungsweise Grenzen auseinander. Unerörtert bleibt, dass der Gesetzgeber insofern die durch die Corona-Pandemie und die hiermit verbundenen Maßnahmen wie etwa Veranstaltungsverbote hervorgerufenen negativen wirtschaftlichen Folgen für die Veranstalter samt Folgeproblemen für die Gesamtwirtschaft, das kulturelle Angebot in Deutschland sowie die Ticketinhaber berücksichtigt hat.

2. Hinsichtlich eines Verstoßes gegen den Vertrauensschutzgrundsatz hat das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Hierbei hätte sich insbesondere eine Auseinandersetzung mit der in der Literatur vertretenen Ansicht aufgedrängt, wonach eine – im Vorlagebeschluss angenommene – echte Rückwirkung etwa dann in Betracht kommt, wenn der Gesetzgeber nicht früh genug auf eine sich schnell entwickelnde Sachlage reagieren kann und vielmehr „nachziehen“ muss.

Quelle: Bundesverfassungsgericht

Rat der EU legt Standpunkte für einen sichereren Straßenverkehr in der EU fest

Rat der EU, Pressemitteilung vom 04.12.2023

Um einen sichereren Straßenverkehr in ganz Europa zu gewährleisten, hat der Rat der EU am 04.12.2023 seine gemeinsamen Standpunkte (allgemeine Ausrichtungen) zu zwei Vorschlägen der EU-Kommission angenommen, die Teil des sog. Gesetzgebungspakets zur Straßenverkehrssicherheit sind. Damit sollen folgende Rechtsakte geändert bzw. aufgehoben werden:

  • die Richtlinien von 2006 und 2022 sowie die Verordnungen von 2012 und 2018 über den Führerschein
  • die Richtlinie von 2015 über den grenzüberschreitenden Austausch von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte

Óscar Puente, spanischer Minister für Verkehr und nachhaltige Mobilität: „Dies ist ein Paradigmenwechsel bei der Führerscheinregelung in Europa. Zusammen mit der Stärkung der Mechanismen für die gegenseitige Amtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten, um die Identifizierung der betroffenen Person und die Durchsetzung von Geldbußen oder Geldstrafen zu erleichtern, werden die neuen Rechtsvorschriften die Sicherheit auf europäischen Autobahnen verbessern und für mehr Sicherheit in den Wohngebieten in der gesamten EU sorgen.“

Richtlinie über den Führerschein

Mit dem Vorschlag der Kommission soll die Straßenverkehrssicherheit verbessert und die Freizügigkeit der Bürgerinnen und Bürger innerhalb der EU gefördert werden. Der Vorschlag sollte als vollständige Überarbeitung der seit der letzten umfassenden Reform im Jahr 2006 geltenden Richtlinie betrachtet werden, die von den Mitgliedstaaten bis 2013 umgesetzt werden musste. Mit dem Vorschlag werden vier wichtige neue Elemente in die derzeitige Regelung aufgenommen:

  • eine europäische Regelung für Fahranfänger, die nach dem Erwerb eines Führerscheins im Alter von 17 Jahren begleitetes Fahren ermöglicht
  • strengere Bedingungen für Fahranfänger während der ersten zwei Jahre des Fahrens (oder länger, je nach den Vorschriften der Mitgliedstaaten)
  • einen digitalen Führerschein als Teil der EUid-Brieftasche und
  • eine Selbsteinschätzung als Filter für die medizinische Untersuchung der Fahrtauglichkeit

Die allgemeine Ausrichtung des Kommissionsvorschlags wurde im Gemeinsamen Standpunkt des Rates beibehalten. Dennoch hat der Rat mehrere Änderungen am Kommissionsvorschlag vorgenommen, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

  • Beibehaltung der Freiwilligkeit bei der Verkürzung der Gültigkeitsdauer von Führerscheinen älterer Menschen
  • genauere Beschreibung der Prüfung der körperlichen und geistigen Tauglichkeit für das Führen eines Fahrzeugs vor der Ausstellung und Erneuerung von Führerscheinen auf der Grundlage unterschiedlicher Systeme, die in den Mitgliedstaaten entwickelt wurden
  • Anpassung der technischen Elemente der digitalen Führerscheine an die Überarbeitung der Verordnung über die digitale Identität (eIDAS) und bessere Verknüpfung zwischen dem Erlass von Durchführungsrechtsakten und der Umsetzungspflicht der Mitgliedstaaten
  • genauere Leitlinien für die Bewertung der Rahmen für die Straßenverkehrssicherheit von Drittländern durch die Kommission
  • Präzisierung der Anforderungen an die Begleitperson in der Regelung für begleitetes Fahren, die nur für Führerscheine der Klasse B gilt
  • Neuformulierung der Bedingungen für die Probezeit im Hinblick auf die Zuständigkeiten und bewährten Verfahren der Mitgliedstaaten
  • Möglichkeit für die Bürgerinnen und Bürger, unter bestimmten Bedingungen eine theoretische Prüfung im Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit abzulegen, wenn es sich nicht um den Wohnsitzmitgliedstaat handelt, jedoch keine solche Option für die praktische Prüfung

Mit dem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass gebietsfremde Fahrer die Straßenverkehrsvorschriften einhalten, wenn sie in anderen Mitgliedstaaten fahren.

Die allgemeine Ausrichtung des Kommissionsvorschlags wurde vom Rat beibehalten. Dennoch hat der Rat mehrere Änderungen an dem Vorschlag vorgenommen, die in erster Linie darauf abzielen, den Anwendungsbereich und die Begriffsbestimmungen des Rechtsakts zu präzisieren. Diese Änderungen umfassen u. a. Folgendes:

  • Einführung der Definition für den Begriff „betroffene Person“ und Präzisierung der Aufgaben und Zuständigkeiten der nationalen Kontaktstellen und der zuständigen Behörden
  • Aufnahme weiterer Delikte in den Kommissionsvorschlag, wie z. B. Nichtbeachtung der Vorschriften über Zufahrtsbeschränkungen oder der Vorschriften bei Bahnübergängen und Fahrerflucht
  • weitere Präzisierung der verschiedenen Verfahren für den Zugang zu Fahrzeugzulassungsdaten und der verschiedenen Möglichkeiten der zuständigen Behörden, um Amtshilfe zu ersuchen, damit sichergestellt wird, dass die betroffene Person identifiziert wird und der Verkehrsdeliktbescheid an der richtigen Adresse eingeht, und die Bußgelder für Verkehrsdelikte besser durchgesetzt werden.
  • Einführung aller erforderlichen Garantien zum Schutz der Grundrechte des Fahrers oder anderer betroffener Personen

Nächste Schritte

Nach der Annahme der Verhandlungsmandate des Rates (allgemeine Ausrichtungen) am 04.12.2023 kann der künftige Vorsitz Gespräche mit dem Europäischen Parlament über diese zentralen Gesetzgebungsdossiers aufnehmen („Triloge“).

Quelle: Rat der EU

Bundesregierung beantwortet Fragen zu Erbschaftsteuer

Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 04.12.2023

52 Milliarden Euro sind im Jahr 2021 in Deutschland vererbt oder verschenkt worden, fünf Milliarden Euro davon in den neuen Bundesländern und Berlin. Das geht aus einer detaillierten Auflistung über das steuerlich festgesetzte geerbte und geschenkte Vermögen in einer Antwort der Bundesregierung (20/9508) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (20/9114) hervor.

Die tatsächlich festgesetzte Steuer betrug demnach 6,3 Milliarden Euro in ganz Deutschland und 0,6 Milliarden Euro in Ostdeutschland. Die Bundesregierung schreibt in ihrer Antwort, dass aufgrund der teilweise mehrjährigen Bearbeitungszeit der Steuerveranlagungen Jahre am aktuellen Rand noch keine Aussage über die endgültige Zahl der Veranlagungen getroffen werden könne. Ferner heißt es in der Antwort: „Grundsätzlich kann die Statistik keine Informationen über alle Vermögensübergänge des Berichtsjahres liefern, da Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen innerhalb der Freibeträge nicht immer veranlagt werden.“

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 912/2023

Stadt, die eine Vertragsübernahme erklärt, muss die Formvorschriften der Gemeindeordnung einhalten

OLG Zweibrücken, Pressemitteilung vom 04.12.2023 zum Urteil 4 U 152/22 vom 30.11.2023 (nrkr)

Der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts hat entschieden, dass eine Vertragsübernahme von einer Stadt nur wirksam ist, wenn die Formvorschriften der Gemeindeordnung eingehalten sind. Mangels wirksamer Vertragsübernahme besteht kein Recht der Unternehmensnachfolgerin die Genehmigungsunterlagen der vorherigen Unternehmensträgerin über die geplante Auskiesung eines Weihers bei der Stadt einzusehen.

Ein Unternehmen aus der Vorderpfalz hatte mit einer Stadt einen Vertrag über die Auskiesung eines Weihers in der Vorderpfalz geschlossen und eine Genehmigung dafür beantragt. Dieses Unternehmen wurde jedoch vor Erteilung der Genehmigung verkauft. Der neue Unternehmensträger wollte mit der Klage nunmehr von der Stadt Auskunft und Akteneinsicht in die Plangenehmigungsunterlagen aus der Zeit des vorherigen Unternehmens erhalten. Die Stadt begehrte dagegen mit ihrer Widerklage die Feststellung, dass das neue Unternehmen nicht wirksam in ein Vertragsverhältnis mit dem vorherigen Unternehmen eingetreten ist.

Das Landgericht hat der Klage auf Akteneinsicht in bestimmte Plangenehmigungsunterlagen der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Widerklage hat es abgewiesen.

Der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts hat mit Urteil vom 30. November 2023 auf die Berufung der Stadt das landgerichtliche Urteil aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Widerklage zugesprochen. Zur Begründung hat der Senat darauf verwiesen, dass zwischen dem neuen Unternehmensträger und der Stadt kein Vertragsverhältnis bestehe. Insbesondere sei der neue Unternehmensträger nicht wirksam in das Vertragsverhältnis seiner Vorgängerin mit der Stadt eingetreten, da seitens der Stadt bei Abschluss des Vertrages mit der neuen Unternehmensträgerin die notwendigen Formerfordernisse der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung nicht eingehalten worden seien, weshalb eine etwaige Vertragsübernahme jedenfalls nicht wirksam erklärt worden sei. So müsse die wirksame Verpflichtung einer Stadt grundsätzlich durch einen hierfür bestimmten Vertreter in Schriftform, das heißt unter anderem handschriftlich unterzeichnet oder in der dieser entsprechenden elektronischen Form erklärt werden. Im vorliegenden Fall habe auf die Einhaltung dieser Formvoraussetzungen auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden können und der Mangel in der Form sei auch nicht geheilt worden.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: OLG Zweibrücken